Projekt
NS-Verfolgung und Musikgeschichte
Revisionen aus biographischer und geographischer Perspektive
Die Verfolgung von Musikerinnen und Musikern durch das NS-Regime hat massiv, dauerhaft und weltweit auf das immaterielle Kulturgut Musik eingewirkt. In Deutschland ebenso wie in den annektierten und besetzten Ländern kam es zu erheblichen Verlusten, im Exil aber auch zu produktiven Entwicklungen in allen Bereichen des Musiklebens. Die Forschung zur Musik und zum Musikleben während der NS-Zeit und im Exil begann Ende der 1970er Jahre, doch in welchem Ausmaß die musikalische Praxis zerstört wurde, ist noch lange nicht erschöpfend erforscht. Insbesondere die langfristigen Konsequenzen der Zwangsmigration von Musikerinnen und Musikern sind in weiten Teilen unerschlossen. Die daraus folgenden globalen Verwerfungen werden von der Musikgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts bislang zu wenig einbezogen. Das Forschungsprojekt „NS-Verfolgung und Musikgeschichte“ hat sich entsprechend zum Ziel gesetzt, diese Sicht zu revidieren und zu vervollständigen.
Zielsetzung
Ziel des Projekts ist die Rekonstruktion des Beitrags NS-verfolgter Musiker und Musikerinnen zum Musikleben der Zwischenkriegszeit, die Erschließung des mit der Verfolgung und der Zwangsmigration verbundenen musikalischen Wirkens sowie die Analyse der Transferdynamik zwischen den Geflüchteten und den Musikkulturen der Exilländer mit Folgen bis in die Gegenwart.
Projekt
Das Projekt konzentriert sich auf Musikerinnen und Musiker, die aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Reichhaltige, bisher nicht ausgeschöpfte Quellen, vor allem ungedruckte und archivalische Bestände, sind noch zu erschließen. Die personenbezogenen Erkenntnisse daraus werden in das Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM) einfließen, welches über die Website der Universität Hamburg frei zugänglich ist. Dieses derzeit wichtigste Forschungsinstrument zum Thema wird in das Projekt integriert und erweitert. Eine Anwendung zur Visualisierung der Geodaten aus dem LexM soll der Anschauung wie auch der heuristischen Erschließung des Themengebiets dienen. Darauf aufbauend werden in Teilprojekten übergeordnete Themen untersucht, etwa einzelne Exilländer, Berufsgruppen oder Genres. Neben wissenschaftlichen Konferenzen werden die Forschungsergebnisse auch in künstlerisch-wissenschaftlichen Formaten wie Research Concerts einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.
Standorte
Das Projekt verfügt über zwei Standorte. Die Hamburger Arbeitsstelle ist an der Universität Hamburg angesiedelt, die Münchner Arbeitsstelle befindet sich an der Hochschule für Musik und Theater München und kooperiert mit dem dortigen Ben-Haim-Forschungszentrum.